KUNST FORDERT OPFER – Album (2021/22)

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Die schlecht gelaunte Opernsängerin, Pianistin und Elektro-Producerin Feline Lang und der durchgeknallte Metalcellist Christoph Klemke hauen das erste deutschsprachige Album ihres  erschreckenden Dark Cabarets raus: KUNST FORDERT OPFER.

Wir haben euch gewarnt.


11 Songs (darunter eine Suite in drei Sätzen, mit Chor und historischen Instrumenten) über die Pandemie, das Leben und die Kunst, entworfen, geschrieben, aufgenommen, produziert und teilweise veröffentlicht in nur 12 Monaten. Trotzdem haben die Songs Gültigkeit weit über die Gegenwart hinaus und im f&s-üblichen Spagat zwischen beißendem Sarkasmus und tiefer menschlicher Tragik das Potential, Generationen zu inspirieren.

Insbesondere die erste Single “Kunst fordert Opfer” schlug einige Wellen, und der dazugehörige Blogbeitrag von Feline wurde mehrfach reprinted. 

Anlässlich des STEAMBALL VI 2021 (gefördert von der musicboard Berlin GmbH) erscheint die erste Single auf dem neuen Label Foxy Records: DOKTOR DOKTOR. “Denn wir sind verrückt genug, um immer noch Musik zu machen.”

Die Single-Auskopplungen enden kurz vor der Albumrelease mit dem gewaltigen Opus REQUIEM, einer 20minütigen Suite in drei Sätzen mit 37 GastmusikerInnen.

DIE SONGS

Der Titelsong KUNST FORDERT OPFER: Der Song zur Krise. “Als freiberufliche Künstlerin, als Selbständige allgemein, bin ich es ja mein Leben lang gewohnt, verarscht, ausgebeutet, gedisst und als Abschaum der Gesellschaft betrachtet zu werden, während wir selbst und ständig arbeiten, 16 und mehr Stunden am Tag. Mal ausschlafen wäre schön. Mehr Steuern zahlen als andere, unter Generalverdacht der Schwarzarbeit stehen und natürlich grundsätzlich die Arbeit als teures Hobby machen, weil, wir haben ja nonstop Spaß, die Krankenkasse geht sowieso davon aus, man verdiene mindestens 3500 Euro im Monat, weil, man ist ja selbständig. OK, dafür gibt es die KSK, ein Glück! Aber wie lange noch, nun, da fast alle Einnahmen wegfallen? Als Lärmbelästigung verklagt werden, wenn wir während der Bauarbeiten noch Klavier üben, obwohl Bauen Lärm produziert, Musik per Definition nicht. Zu albernen Bauauflagen gezwungen werden, die für den Laden nebenan nicht gelten, und dann nach all den Investitionen doch weggeklagt werden. Gebühren zahlen an unsere Gebühreneintreiber und dann noch dafür, unsere Werke selber nutzen zu können. Angepöbelt zu werden, man sei ja nicht wichtig, und man gehe jetzt nach Hause und höre Spotify oder gucke Netflix. Das mußte mal raus. Sorry. Not.”

Mehr dazu: https://www.felineandstrange.com/statement-zur-lage-der-nation-aus-sicht-einer-performenden-kuenstlerin/

DAS NEUE NORMAL. Eindringlicher kann man die Einsamkeit von Stadtsingles während des ersten Lockdowns kaum beschreiben. In der Stille dröhnt der Herzschlag und das Uhrticken, die Geräusche von nebenan werden zur Großstadtsymphonie. Und doch reicht das Gefühl nur für eine schüchtern-zarte Pianoballade.

(Video in Vorbereitung) (Remix von Pyrolator aka Kurt Dahlke/Der Plan, Fehlfarben erscheint Januar 2023)

Auch HYPFEN ist ein direktes Ergebnis der Corona-Zeit. Streamball und Darkstreamfestival zogen ein so festivalsehnsüchtiges Publikum an, daß der Chat geradezu explodierte – Artists und Publikum trafen sich und spannen gemeinsam verrückte Ideen weiter. Unter anderem wurde in der schriftlichen Kommunikation aus Christian von Asters beliebter Kurzgeschichte “Die Mitternachtshüpfburg” – eine Hüpfburg nur für Goths, natürlich ganz in schwarz – die HYPFburg. Und was hätte näher gelegen, als sich zum Schreiben eines Soundtracks für diesen Spaß herausfordern zu lassen?

Es ist KEINACHTEN in Deutschland. Schon wieder. Eigentlich sollte ja 2021 ein neuer Text her für die Neuveröffentlichung des (im Dezember 2020 geschriebenen und in Rekordzeit in Eigenregie veröffentlichten) bissigen Weihnachten-mit-Corona-Songs…aber das Problem dabei war: Es hatte sich rein gar nichts verändert. Immer noch dümpelt Deutschland auf der Corona-Klippe rum Richtung Lockdown-Abgrund. Immer noch findet ungebremster Online-Konsumrausch statt, jeglicher Güterknappheit zum Trotz. Immer noch ist die Pflege der unattraktivste Beruf hierzulande, aus vielen Gründen. Und immer noch ist das einzig Gute an Corona, daß wir von zwangsweisen Musikschul- Kirchen-Vorspielen verschont bleiben. Deshalb bleibt der Song auch für die Albumversion (fast), wie er ist – ein bösartiges Kinderkonzert mit Flöten, Chor und Cembalo, bissigen Wortspielen und gefühlvollem Ausklang. Nur daß in der 2021er Fassung die Konsum-Maschine hörbar zu entgleisen beginnt. Und Feline ebenso hörbar sauer geworden ist. Besinnlichkeit pur!

In 2021 erschien übrigens das Buch “Ich brauche eine Genie” von Kerstin und Sandra Grether, das Songtexte und Persönlichkeiten der deutschen Pop- und Punkszene vorstellt, mit dabei u.a. Gudrun Gut, Lena Stöhrfaktor und natürlich: Feline Lang, mit “Keinachten” (Kunst Fordert Opfer) und “Vanity Fair” (Trigger Warning, 2020).

Presse: “This is a wonky, smeared lipstick, dishevelled outfit of a song as imagined by someone stumbling home from the last office party to the prospect of spending Christmas Day alone and Boxing Day with family that you don’t want to see the rest of the year. Pleasingly bleak.” (Monger)

“you should invite these cabaret weirdos for your turkey diner, so you can all have a go at Santa. Feline and Strange will take care of the Xmas tree music with their new traditional-sounding carol Nolidays. An angelic beauty that will melt your hearts with its fuck off Santa message. That shameless imposter works for American, money-greedy chain-store Toys R Us since Christ was born. No mercy folks, kick Kriss Kringle in his jingle bells. Party time!” (Turn up the Volume)

LOS GEH DIE WELT RETTEN! Wir alle gemeinsam gegen den Weltuntergang? Pustekuchen. Es gibt immer Leute, die sich gegen jede Anpassung sperren und nicht bereit sind, von ihren Gewohnheiten abzurücken – nicht einmal in Lebensgefahr. Wie hat die Menschheit es eigentlich geschafft, bis heute zu überleben? Da hilft wirklich nur noch Punk. Unterstützt von Admiral Jack (The Nerves) am Bass.

Presse: “Dabei führte es nach dem melancholischen ersten Song zum wütenden “Kunst fordert Opfer” über den Tanz(verbots-)Song “Hypfen (Jetzt.)” und eine zynische Ballade zum Grundeinkommen bis hin zur punkigen Anti-Aluhut-Nummer.” (Sonic Seducer)

DER ARBEIT-SONG. Mit unerbittlichen, düsteren oder sarkastischen Statements gegen Aluhüte und für den Klimaschutz hat sich die Band inzwischen nicht nur ergebene Fans, sondern auch erbitterte Feinde geschaffen. Aber deshalb die Klappe halten? Weit gefehlt! Stattdessen bedient sich die Opernsängerin Feline diesmal aus dem stilistischen Fundus des obersten Götzen der politischen Kunst, Bertolt Brecht, und bezieht mit dem „ARBEIT-SONG“ – die Inspiration auch im an Brecht angelehnten Titel andeutend – in guter alter Agitprop-Manier Stellung zum Thema Arbeitswelt. Unverhohlen prangert die Band das sinnlose „Bullshit-Work“ (ein Terminus, entlehnt den Büchern des Soziologen Bregman, der Arbeit um der Arbeit willen, ohne produktives Ergebnis, bezeichnet) und die falschen Belohnungs-Verheißungen durch Staat und Wirtschaft an: „Wenn du was erschaffen willst, dann schaff ein Steuerschlupfloch“. Passend dazu kreiert Feline mit Hilfe der britischen Band birdeatsbaby (Horns, Mix), den Berlinern Dirty Feetz (Trompete) und ihrer eigenen Mutter Brigitte Langnickel-Köhler (Konzertharfe) ein an die Dreigroschenoper erinnerndes 7-Minuten-Opus, das auch dem Soundtrack von „Babylon Berlin“ entnommen sein könnte. Aus Bürogeräuschen und Chorstimmen entsteht ein wahnhafter Rausch zwischen Workaholismus und Götzendienst. Denn dienen wir nicht alle dem Gotte Mammon?

DOKTOR DOKTOR. Ein irrwitziger PostPunk-Hit mit Gummihuhn. Es ist zum Verrücktwerden. Ein halbes Jahr nun schon tönt es aus allen Ecken: “Kunst ist nicht systemrelevant”. Schon gar nicht Freiberufler. Vielleicht sind ja gar nicht die anderen irre? Vielleicht bin ich es selbst? dachte sich Feline und bittet hier nun den Doktor um Hilfe, sowohl bei ihren lebenslang bestehenden Depressionen, die durch Corona nicht nur verschlimmert wurden, sondern auch die Wartezeit auf eine Behandlung ins Unendliche verlängerten, als auch bei den allwissenden Politikern dieser Welt. “Ich tue das, was ich am besten kann – kurieren Sie mich von diesem Wahn!” Denn wenn Kunst kein Beruf ist, dann müssen ja alle Berufskünstler irre sein. Oder?

REQUIEM. Am Anfang stand ein Text. Am Ende eine dreisätzige Suite, ein Abgesang auf die westliche Zivilisation der letzten drei Jahrtausende, unter Beteiligung von 37 MusikerInnen aller Sparten und Professionen: 

  • das Steampunk Musik Kollektiv mit mittelalterlichen Instrumenten und Urlauten
  • die Band birdeatsbaby mit Geigen, Blech, Akkordeon
  • Experimental- und Barockspezialist Lambda mit historischem Kontrabass
  • der Chor Stimmgewalt in einem vollständigen Chorwerk, das sich durch den ganzen Song zieht  – einen Song mit fast 20 Minuten Länge.

Über das Ende der Welt kann man vieles sagen – oder gar nichts. Klappe halten ist aber nicht so das Ding von Feline. Also schreibt sie ein Gedicht als Abgesang auf die gesamte westliche Kunstgeschichte und Zivilisation. Und ein Arrangement für all diese vielen Klänge und Zeitalter. Und dreht ein herzzerreißendes Video, das in seinem epischen Ausmaß ohne die Förderung durch die Initiative Musik und Neustart Kultur vielleicht nie realisiert worden wäre. Mehr gibt es über das Ende nicht zu sagen – außer diesem Gedicht.

Der Grabzug (Auszug)

Meine Geschichten sind verhungert – Wovon solln sie sich auch ernährn

Wenn selbst das Leben innehält Und keine Schiffe mehr verkehrn

Ich erzähle keine Märchen mehr, Denn die Geschichten sind längst alle wahr geworden

Ein scharfer Wind weht von der Seite her. Ein schmaler Weg nur führt uns weiter, hoch gen Norden…

(Video/Kurzfilm erscheint November 2022, gefördert von der Initiative Musik gGmbH/Neustart Kultur)

REAKTIONEN:

Join the Requiem for Society. (Steven C. Davis, Autor, Festivalveranstalter, UK)
This is hella good! (Unwoman, Musikerin, US)
Epic! (Hana Piranha, Musikerin, UK)
Grosses Format, grosses Kino, grosse Geste – einfach grossartig. (Bruno Kramm/Das Ich, Musiker)
Ich muss es gleich nochmal anschauen. Da ist soo viel drin…. Wahnsinn! (Ina Klein, Musikpromoterin)
Damn, that is an AMBITIOUS song … and it works so very well. Congrats! (Brian Hodges, Musiker)
Wow! Amazing work! Brava! (Janet Bressler (Musikerin)
Simply WOW!!! What a song , what a video! (Witches Are Back, DJ Kollektiv)
Ich bin geflasht. Großartig! Wirklich großartig. Ich ziehe meinen Hut vor Dir, vor allen. (Amandara Schulzke, Autorin)
Klasse gemacht und gesungen!! Daumen hoch 🙂 (Upzet, DJ, Clubbetreiber)

Zum Schluß noch einmal in die Fresse: SUBVERSIV. 

Pandemie, Krieg, Weltuntergang. Wen interessiert denn da noch das Befinden der werten Kulturbranche? – Na die Kulturbranche. Feline macht Musik für Musiker* und Kunst für Künstler*. Das schließt zwar niemanden aus, erklärt aber, warum die Band trotz eingeschworener Fangemeinde, treuer Patreons und Alben sowie Kollaborationssingles ohne Ende immer noch nicht die Charts kontrolliert. Musiker* sind schließlich arm und tauschen lieber CDs, als welche zu kaufen.

Feline macht GERN Musik für Musiker*. Auch gern Musik für alle, aber da hält sie es ganz schamlos mit good old Mozart, dem das Lifegoal zugeschrieben wird, Musik zu schreiben, die alle lieben können – aber nur wenige verstehen. Den High-Speed-Bach des Ausnahmecellisten Christoph Klemke werden sicherlich viele erkennen – manche sogar die dazuimprovisierten Opernkoloraturen über den stampfenden Beat mitsingen können. Aber steckt da etwa noch mehr dahinter?

Feline macht jedenfalls IMMER NOCH Musik für Musiker*.  Aber so dreist und unverblümt wie in dem durchgeknallten Stampfer SUBVERSIV noch nie. Alles, was Musiker* nervt (und nicht ohnehin schon in KUNST FORDERT OPFER, Titelsong und Erfolgssingle vom gleichnamigen Album, rausgebrüllt wurde), wird hier thematisiert – und erstmals stellt sich die Band hin und sagt: Wir gefährden euch.Zumindest eure Komfortzone.

Im herrlich albernen Video ist letztmalig die Drummerin Rah Fookinhell zu sehen, die es pandemiebedingt inzwischen in die Schweiz verschlagen hat – und in einen “ordentlichen” Beruf…

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